Das berühmte Hafenrelief aus Ostia


Das Ostia-Relief

Das 1863 in den Ruinen der Säulenhalle des unter Kaiser Claudius am rechten Tiberufer angelegten Seehafens (Portus Augusti) gefundene Flachrelief aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. ist, wie die Inschrift V(otum) L(ibero) auf dem mit dem Bilde der römischen Wölfin geschmückten Segel zeigt, als Votivgabe des Kapitäns oder des Besitzers einer Weinhandelschiffes (navis vinaria) zu betrachten, der dies Relief nach glücklicher Heimkehr dem Bacchus (Liber Pater) weihte; auch das zweite Schiff hat Wein geladen, wie der Weinkrug (amphora) auf dem Rücken des über die Landungsbrücke schreitenden Trägers beweist. Hinter den Schiffen erhebt sich auf dem Hafendamme zwischen drei Statuen [Zur Linken mit Leuchtturm, Kranz und Füllhorn die Annona (Göttin der (Getreide-)Versorgung), in der Mitte der Genius des römischen Volkes mit Kranz und Füllhorn; dazwischen ein Adler auf einem Kranze; rechts Bacchus mit dem Panther, in den Händen den Thyrsusstab und ein Gefäß; am Fußgestell drei Nymphen, welche eine Amphora ausgießen.] ein Triumphbogen mit dem von Elefanten gezogenen Wagen eines Kaisers (Der Gott Bacchus soll als erster auf einem Elefanten-Wagen Triumph gefeiert haben.) und der mächtige, unter Trajan errichtete Leuchtturm, zu dessen drei sich verjüngenden Stockwerken eine Treppe emporführt; auf dem zweiten Stockwerk steht der Wärter [andere meinen der Kaiser Trajan], auf dem obersten flammt das Leuchtfeuer. Am Fuße des Turmes steht hart am Wasser zwischen den Schiffen die Bildsäule des Meergottes Neptun mit Dreizack und Delphin.

Beide Fahrzeuge sind stark gebaut, die gewölbten Seitenwände sind durch kräftige Gürtelhölzer verstärkt, der leicht vorwärts gebogene, oben waagerecht abgeschnittene Vorsteven trägt ein auf den Namen des Schiffes bezügliches Gallionsbild; beim größeren Schiff ist dies wiederum Bacchus mit dem Panther. Auf dem eben einlaufenden Schiffe ist das Dolonsegel bereits geborgen, nur das etwas gekürzte Großsegel und die dreieckigen Topsegel (suppara) stehen noch. Auf dem Dach des großen, zweifenstrigen Deckhauses, zu dem man auf einer Treppe emporsteigt, opfert die Familie des Kapitäns, dahinter ist der Steuermann sichtbar, der die Pinne des linken Steuerruders hält; auf dem Ende des hochansteigenden, mit schwebenden Gestalten in Relief und Malerei gezierten Hinterstevens steht eine Statue der Victoria; ihre Gestalt mit Kranz und Palme erscheint nochmals auf dem Mastkopf; außen am Schiff ist ein Mann in den einem Boot mit den Sorgleinen des unbenutzten Steuerruders beschäftigt; das zweite Boot wird eben mittels eines am Dolon angebrachten Takels ins Wasser gelassen. Das andere Schiff ist bereits am Bollwerk vertäut, die suppara sind geborgen, das Großsegel ist vollständig gerefft. Dadurch ist das Takelwerk besonders deutlich erkennbar: Wir unterscheiden die vierfachen Toppnanten, das doppelte Fall und seitwärts der Wanten eine sog. Strickleiter, auf der gerade ein Matrose emporklettert; das Dolonsegel wird eben eingeholt, und sein Mast wird zu dem schon genannten Zwecke benutzt, um das Boot auszusetzen. Dazwischen hängt das riesige symbolische Auge zur Abwehr des bösen Blickes.

(in Anlehnung an Oehler, Raimund: Bilder-Atlas zu Cäsars Büchern De bello Gallico. Leipzig: Schmidt & Günther, 1907. – S. 72 f.)


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(Beachten Sie bitte, daß die an sich gute Umzeichnung, da sie vom Anfang des 20. Jahrhunderts stammt, im Genitalbereich der Statuen Veränderungen zum antiken Original aufweist.)


http://www.thomas-golnik.de • 07.05.2001 • mail@thomas-golnik.de