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So wie der Sturzbach wegen seiner starken Strömung
von den Felsen gestaut und geteilt wird
und doch wieder zusammenfließt,
so werden auch wir wieder zusammenfinden,
auch wenn wir nun getrennt sind da bin ich ganz sicher. |
se wo hayami
iwa ni sekaruru
takigawa no
waretemo sue ni
awan to zo omou |
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Der Verfasser des Gedichtes, der 75. Tennô namens Sutoku (11191164),
ist als tragische Figur in die Geschichte eingegangen. Er war offenbar von
Kindesbeinen an ein sehr feinfühliger und kunstsinniger Mensch, der
sich besonders an der Dichtkunst erfreut, Dichterwettkämpfe veranstaltet
und die Zusammenstellung von Gedichtsammlungen in Auftrag gegeben haben soll.
Leider lebte er zu einer Zeit, als es in der Kaiserfamilie üblich war,
durch verwinkelte Intrigen die persönliche Macht zu stärken...
Sutokus Urgroßvater, der abgedankte Kaiser Shirakawa, wollte wieder
auf die Regierung Einfluß ausüben; deshalb adoptierte er seinen
Urenkel Sutoku, zwang dessen Vater Toba (den amtierenden Tennô) zum
Rücktritt und setzte den 5jährigen Sutoku auf den Thron, als dessen
Vormund er nun wieder regieren konnte. Es mag verständlich sein, daß
Toba alles versuchte, um Sutoku zu stürzen und einen Tennô
einzusetzen, der seiner Kontrolle unterstand. Als Sutoku 22 Jahre
alt war, gebar eine Konkubine Tobas einen Sohn namens Konoe, und es gelang
Toba, Sutoku zum Rücktritt zu zwingen und den Neugeborenen als Tennô
zu etablieren: dieser wurde Konoe-Tennô und Sutoku-Tennô wurde
zu Sutoku-In (Ex-Kaiser Sutoku). Als Konoe ca. zehn Jahre später starb,
machte Toba wieder einen anderen jungen Sohn zum Tennô, Goshirakawa.
Es sah so aus, als ob Sutoku nie mehr die Gelegenheit bekommen würde,
Einfluß auf die Regierungsgeschäfte zu nehmen. Ein Jahr später
versuchte er durch einen Militärputsch (den Hôgen-Konflikt
von 1156), die Macht an sich zu reißen. Als dieser aber mißlang,
wurde er gezwungen, nach Sanuki auf die Insel Shikoku ins Exil zu gehen.
Dort soll er, ganz von Rachsucht überwältigt, dem Wahnsinn verfallen
sein.
Die rechts abgebildete Spielkarte (oben der Text des Gedichtes für
den Vorleser, darunter das Bild des Dichters) wurde von dem Holzschnittmeister
David
Bull nach einer Vorlage aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
angefertigt. |
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